Nacherfüllung und Ersatzlieferung bei Tierkauf

Voraussetzungen für einen Rücktritt vom Kaufvertrag sind neben der Mangelhaftigkeit der Kaufsache und der Erheblichkeit des Mangels, dass dem Verkäufer durch den Käufer eine erfolglose Frist zur Nacherfüllung gesetzt worden ist gem. § 323 Abs. 1 BGB.

Die Frage, ob eine Nacherfüllung durch Ersatzlieferung beim Tierkauf in der Regel in Betracht kommt, wird von der überwiegenden Meinung in der Rechtsprechung sowie vom Bundegerichtshof ausdrücklich und zu Recht dann bejaht, wenn eine emotionale Bindung des Käufers an das ausgewählte Tier noch nicht bestanden hat. Die Regelung des Vorrangs einer Nachlieferung vor allen anderen Rechtsbehelfen hat ihren Ursprung im Bereich einer Interessenabwägung zu Gunsten des Verkäufers, der eine letzte Chance zur ordnungsgemäßen Erfüllung haben soll, bevor sich der Käufer mit allen wirtschaftlichen Nachteilen für den Verkäufer vom Vertrag lösen kann sowie dem Gedanken, dass davon auszugehen ist, dass der Käufer in erster Linie eine mangelfreie Sache haben möchte. Dieser Grundsatz kann zwar nicht uneingeschränkt gelten, so dass in bestimmten Ausnahmefällen sich das Rechtsschutzinteresse des Käufers direkt auf den Schadenersatz statt der Leistung richten kann, z.B. wenn das Abwarten einer Nachlieferungsfrist unzumutbar ist. Dies folgt aus der systematischen Auslegung der §§ 437, 439, 440 BGB. Die Nachlieferung des § 437 Nr. 1 BGB tritt im Kaufrecht an die Stelle der Fristsetzung in §§ 281, 323 BGB. Grundsätzlich sind vor die Rechtsbehelfe des Rücktritts und des Schadenersatzes Fristsetzungen geschaltet. Im Kaufrecht ersetzt das Nachlieferungsverlagen diese Fristsetzung und gem. § 440 BGB kann ohne weitere Frist zurückgetreten oder Schadenersatz verlangt werden. Das heißt aber gleichzeitig, dass die Nachlieferung im Kaufrecht unter den gleichen Voraussetzungen entbehrlich sein muss, wie es eine Fristsetzung bei anderen Leistungsstörungen wäre. Dies ist gem. §§ 281 Abs. 2, 323 Abs. 2, 440 BGB dann der Fall, wenn eine besondere Interessenlage eine Fristsetzung für den Gläubiger als unbillig erscheinen lässt. Im Kaufrecht ordnet § 440 Abs. 1 BGB ausdrücklich an, dass eine weitere Verzögerung unangemessen sein kann, wenn das Abwarten der Nacherfüllung für den Käufer unzumutbar ist. Diese Vorschrift regelt zwar keine Ausnahme vom Vorrang der Nachlieferung. Aus ihr wird aber deutlich, dass hinter der Systematik der Rechtsbehelfe im Kaufrecht eine typisierende Interessenabwägung steht, die in Sonderfällen auch gegen ein Nachlieferungsrecht des Verkäufers ausfallen kann. Daraus wird teilweise gefolgert, dass ein Nachlieferungsanspruch nur bei vertretbaren Sachen in Betracht kommt.

Aufgrund der Gesamtabwägung im vorliegenden Einzelfall kann nicht davon ausgegangen werden, dass es sich im vorliegenden Fall bei dem jungen Vizsla-Rüden um eine unvertretbare Sache gehandelt hat. Die Käuferin hat selbst in der mündlichen Verhandlung vom 11.01.2017 angegeben, dass ihr bei dem Kauf des Rüden dessen Alter, Farbe, Geschlecht und die gute Abstammung von einem Worldchampion wichtig gewesen ist. Die Käuferin hat den Hund hingegen vor dem Kauf weder persönlich gesehen noch sonst erkennbar anhand besonderer charakterlicher Eigenschaften, die zudem bei einem derart jungen Hund oft noch nicht erkennbar sind, ausgewählt. Zum Zeitpunkt des Kaufes handelte es sich daher nach der Überzeugung der Landgericht jedenfalls um einen Kauf einer vertretbaren Sache, soweit sie nach Rasse, Alter, Geschlecht, Farbe und Prämierung der Eltern des Tieres mit dem erworbenen Vizsla-Rüden vergleichbar gewesen wäre. Anhaltspunkte dafür, dass ein solches Tier auf dem Markt nicht mehr vorhanden gewesen ist, sind nicht erkennbar und wurden von der Käuferin auch nicht dargelegt und nachgewiesen. Soweit die Käuferin nunmehr – in einem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 19.01.2017 – erstmalig vorträgt, der Hund habe sie an ihren verstorbenen Hund erinnert, so ist dieser Vortrag verspätet und unsubstantiiert, da sie nicht vorgetragen hat, was genau diesen Hund von anderen Welpen gleichen Alters, Geschlechtes, Rasse und Farbe unterschieden hätte. Auch erscheint es gerade nicht plausibel, dass die Käuferin lediglich anhand ihr übersandter Fotos eine persönliche Bindung zu dem Welpen bereits vor dem Kauf aufgebaut haben will. Die in der Akte befindlichen Fotos von dem Welpen und seinen Wurfgeschwistern zeigen Welpen, welche sich äußerlich derart gleichen, dass eine Unterscheidung für einen Außenstehenden anhand äußerlicher Merkmale bzw. der Fotos nicht möglich ist. Die Konkretisierung auf den im Ergebnis erworbenen Welpen diese Wurfes ist daher nach der Überzeugung der Landgericht alleine deshalb erfolgt, da es der einzige Rüde in dem Wurf war, er die Kriterien der Käuferin wie Rasse, Alter und Farbe erfüllt hat und es der Käuferin maßgeblich darauf angekommen war, einen Rüden zu erwerben und keine Hündin.

Die Vertretbarkeit des Vizsla-Rüden ist auch nicht durch eine emotionale Bindung nach dem Kauf “erloschen”. Der Hund war lediglich wenige Tage im Besitz der Käuferin, so dass der Aufbau einer emotionalen Bindung in diesem kurzen Zeitraum noch nicht erkennbar bzw. von der Käuferin nicht substantiiert vorgetragen wurde. Soweit sie dies nunmehr in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 19.01.2017 erstmals behauptet, ist dieser Vortrag verspätet gem. § 296a ZPO. Auch kann alleine der Umstand, dass die Käuferin aufgrund des Todes des Hundes traurig und schockiert war, noch nicht zum Nachweis einer emotionalen Bindung führen, da ein derartiges Ereignis selbst für tierliebe Außenstehende, die das durchaus dramatische Ereignis, welches zum Tod des Welpen geführt hat, miterlebt hätten, ein trauriges und schockierendes Geschehen dargestellt hätte. Auch ist es zweifelsfrei so, dass ein derart junger kleiner Welpe auch bei tierlieben Außenstehenden regelmäßig sofort Gefühle der Zuneigung hervorruft, ohne dass diese sich in diesem Augenblick auf das Tier im Besonderen und somit auf dessen ganz eigenes Wesen und seinen speziellen Charakter konzentrieren, sondern eben auf die besonderen Reize eines kleinen Welpen im Allgemeinen. Dass der kleine Welpe besondere Wesenszüge aufgewiesen hätte oder schon erkennbare Charaktermerkmale, die eine besondere Zuneigung der Käuferin gerade zu dem konkreten Welpen hätten begründen können, oder dass schon eine besondere Beziehung zwischen der Käuferin und dem Welpen in Form einer Prägung erfolgt war, wurde von der Käuferin hingegen gerade nicht vorgetragen, so dass nach der Überzeugung der Landgericht Anhaltspunkte für eine besondere emotionale Beziehung zu gerade dem Welpen Z. nicht ersichtlich sind.

Auch der Umstand, dass der Züchterin der Käuferin ohne Aufforderung zunächst eine Hündin aus dem gleichen Wurf angeboten und selbst angegeben hat, dass es sich bei dem von der Käuferin erworbenen Vizsla-Rüden um den einzigen Rüden in dem Wurf gehandelt habe, schließt das Recht zur Nacherfüllung durch den Züchterin nicht aus. Selbst wenn der Züchterin offensichtlich nicht in der Lage war, einen männlichen Rüden aus dem gleichen Wurf anzubieten, kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Züchterin auf dem freien Markt nicht einen vom Alter, Farbe, Rasse, Geschlecht und Prämierung der Eltern vergleichbaren Hund hätte besorgen und der Käuferin anbieten können. Er selbst hat in der mündlichen Verhandlung vom 11.01.2017 – wie auch schon zuvor beim Amtsgericht – überzeugend dargelegt, dass ein befreundeter Züchter einen Rüden dieser Rasse in einem vergleichbaren Alter, Farbe und von Eltern mit der Prämierung “Worldchampion” besessen habe und er die Möglichkeit gehabt habe, die der Käuferin zunächst angebotene “Ersatzhündin” zu tauschen und sodann der Käuferin zu übergeben. Dass dies nicht so war, hat die Käuferin weder substantiiert behauptet noch nachgewiesen. Soweit sie nunmehr – im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 19.01.2017 – dies bestreitet, verkennt sie insoweit die Darlegungs- und Beweislast für die Unmöglichkeit der Nacherfüllung und der daraus resultierenden Entbehrlichkeit einer Nachfristsetzung. Zudem wäre dieses Bestreiten verspätet gem. § 296a ZPO, nachdem der Züchterin ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 09.06.2015 bereits vor dem Amtsgericht Spaichingen vortragen hat lassen, dass, nachdem die Käuferin eine Hündin abgelehnt habe, er ihr angeboten habe, ihr einen Rüden zu überlassen, den er auf seine Kosten beschaffen werde, was die Käuferin nicht angenommen habe. Die Käuferin hat dies nicht bestritten. Ein ähnliches Angebot ergibt sich auch aus der von dem Beklagen in diesem Termin vorgelegten E-Mail vom 15.10.2015 .

Gründe, die ein Nachlieferungsrecht des Verkäufers im konkreten Fall ausschließen könnten, sind daher nicht ersichtlich und von der Käuferin nicht substantiiert vorgetragen.

Nachdem eine Nachlieferung unstreitig von der Käuferin nicht begehrt worden ist, ist ihr Rücktrittsrecht gem. §§ 433 Abs. 1, 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, 437 Nr. 2, 326 Abs. 1, 346 Abs. 1, 437 Nr. 3, 284, 281 Abs. 2 BGB ausgeschlossen und die Klage auf Rückgewähr und Wertersatz insoweit unbegründet.

Die Käuferin hat auch keinen Anspruch auf Ersatz vergeblicher Aufwendungen (Tierarztkosten, Transportkosten) gem. §§ 433 Abs. 1, 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, 437 Nr. 3, 284 BGB. Dieser Anspruch setzt voraus, dass ein Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung besteht. Dieser Schadensersatzanspruch setzt jedoch ein Vertretenmüssen der angenommenen Pflichtverletzung voraus (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB). Zu vertreten i. S. d. § 280 Abs. 1 S. 2 BGB hat der Schuldner Vorsatz und Fahrlässigkeit, sofern nicht aus dem Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie, eine strengere Haftung zu entnehmen ist (§ 276 Abs. 1 S. 1 BGB). Dass der Züchterin dafür eine Garantie übernommen hätte, dass der Hund auch nach der Übergabe frei von Krankheiten bleibt bzw. er frei von nicht erkennbaren genetischen Erkrankungsdispositionen ist (§ 443 BGB), hat die Käuferin nicht behauptet und ist dem Kaufvertrag auch nicht zu entnehmen.

Zwar muss der Schuldner dartun, dass er die Pflichtverletzung (hier Lieferung eines nach dem Verkauf an Epilepsie erkrankten Hundes) nicht zu vertreten hat, jedoch dürfen an den Entlastungsbeweis keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Er ist erbracht, wenn der Schuldner die Ursache des Schadens nachweist und dartut, dass er diese nicht zu vertreten hat. Es genügt aber auch, wenn er die Ursache wahrscheinlich macht und sicher ist, dass er für diese nicht einzustehen hat. Ist die Ursache unaufklärbar, kann sich der Schuldner durch den Beweis entlasten, dass er alle ihm obliegende Sorgfalt beobachtet hat.

Im vorliegenden Fall ist schon nach dem unstreitigen Sachverhalt ein Vertretenmüssen des Züchterin nicht erkennbar. Es ist nach den Gesamtumständen offen, ob die epileptischen Anfälle des Vizsla-Welpen ihren Ursprung in dem Hund selbst hatten oder in einem Unfall mit einem elektrischen Weidezaun gehabt haben. Jedenfalls hat der Züchterin von der Käuferin unbestritten dargelegt und durch Vorlage diverser Unterlagen auch untermauert, dass der von ihm verkaufte Vizsla-Rüde in der Zeit seiner Obhut keinerlei Hinweise auf eine Erkrankung gezeigt hat, die Ahnen des Hundes frei von Epilepsie gewesen sind und der Hund regelmäßig tierärztlich untersucht wurde, zuletzt am Tag vor seiner Abholung. Er war hierbei stets als gesund erklärt worden. Nachdem dem Züchterin Zuchtfehler ersichtlich nicht vorzuwerfen sind und auch nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Hund vor dem Verkauf an die Züchterin bereits Anzeichen einer Erkrankung gezeigt hatte, kann nicht von einem Verschulden des Züchterin ausgegangen werden.

Nachdem der Züchterin die Erkrankung des Hundes, welche zu dessen Euthanasie geführt hat, nicht zu vertreten hat, ist ein Anspruch aus den §§ 433 Abs. 1, 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, 437 Nr. 3, 284 BGB ausgeschlossen.

Landgericht Rottweil, Urteil vom 25. Januar 2017 – 1 S 23/16