Polizeihund im Einsatz kann Schadensersatz nach sich ziehen

Ein Hundeführer muss den Hund auch in einer Festnahmesituation so beherrschen und kontrollieren, dass ein willkürliches Beißen des Hundes ausgeschlossen ist. Er ist verpflichtet dafür zu sorgen, dass es bei einem einzelnen, der Festnahme dienenden Biss bleibt. Andernfalls liegt eine zumindest fahrlässige Amtspflichtverletzung des Polizeibeamten vor.

So die Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe in dem hier vorliegenden Fall eines 14jährigen Klägers, dem ein Polizeihund zahlreiche Bissverletzungen zugefügt hat. Anders als das Landgericht Freiburg ging das Oberlandesgericht von einer zumindest fahrlässigen Amtspflichtverletzung des Hundeführers der Polizei aus. Zu dem Vorfall ist es im November 2012 gekommen, als die Polizei gegen 23:00 Uhr auf dem Seeparkgelände in Freiburg nach dem Täter eines kurz zuvor begangenen Raubüberfalls fahndete. Der Kläger und einige andere Jugendliche rannten davon, als sie die Polizeifahrzeuge sahen, um einer polizeilichen Kontrolle zu entgehen. Aufgrund dieses verdächtigen Verhaltens entschloss sich die Polizei zur Festnahme der Flüchtenden unter Einsatz eines Diensthundes. Der von der Leine gelassene Diensthund stürzte sich auf den Kläger und fügte ihm zahlreiche Bissverletzungen an beiden Unterarmen, am rechten Oberarm, am Rücken und an den Beinen zu. Nach der Festnahme stellte sich heraus, dass der Kläger mit dem vorausgegangenen Raub nichts zu tun hatte. Der Kläger konnte aufgrund der Verletzungen mehrere Tage seine Hände nicht benutzen, mehrere Wochen war eine Wundversorgung erforderlich.

Der Kläger – vertreten durch seine Eltern – forderte in einem Prozess gegen das Land Baden-Württemberg Schmerzensgeld und Schadensersatz. Er ist der Ansicht, dass der Einsatz des Polizeihundes rechtswidrig gewesen sei. Bereits das Landgericht Freiburg hatte dem Kläger Schadensersatz und Schmerzensgeld zugesprochen, war aber nicht von einer Amtspflichtverletzung des Diensthundeführers ausgegangen und hatte auch ein Mitverschulden des zum Zeitpunkt des Vorfalls alkoholisierten Klägers angenommen.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Karlsruhe seien zwar die Polizeibeamten damals berechtigt gewesen, den Jugendlichen vorläufig festzunehmen, denn zunächst habe der Verdacht einer Straftat gegen den Jugendlichen bestanden. Jedoch habe der Hundeeinsatz nicht den gesetzlichen Voraussetzungen der Anwendung des sogenannten unmittelbaren Zwangs entsprochen. Für die Vielzahl der Bissverletzungen, die der Kläger erlitten habe, gebe es keinen nachvollziehbaren Grund. Das Ausmaß der Verletzungen sei unverhältnismäßig. Der Hundeführer sei verpflichtet gewesen dafür zu sorgen, dass es – jedenfalls – bei einem einzelnen, der Festnahme dienenden Biss bleibt. Der polizeiliche Hundeführer müsse den Hund auch in einer Festnahmesituation so beherrschen und kontrollieren, dass ein willkürliches Beißen des Hundes ausgeschlossen sei. Es liege eine zumindest fahrlässige Amtspflichtverletzung des Polizeibeamten vor, für welche das Land Baden-Württemberg als Dienstherr einzustehen habe. Da das Land Baden-Württemberg aus diesem Grund zur Zahlung von 2.500,00 Euro Schadensersatz und Schmerzensgeld verpflichtet sei, komme es auf weitere Fragen zur Rechtmäßigkeit des Hundeeinsatzes nicht an.

Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 18. Juni 2015 – 9 U 23/14