Trennung von Hund und Katze – mit dem Besen

Der Halter eines Tieres haftet nicht nur für unmittelbar durch das Tier verursachte Verletzungen. Die Tierhalterhaftung erfasst vielmehr auch Fälle, in denen ein Mensch sich aufgrund der vom Tier herbeigeführten Gefahr zu helfendem Eingreifen veranlasst sieht. Die Tierhalterhaftung erfasst mithin auch solche Schäden, die erst durch eub helfendes Eingreifen des Menschen verursacht werden.

So hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main in dem hier entschiedenen Fall den Halter eines Hundes dem Grunde nach zur Zahlung von Schmerzensgeld verurteilt, da dieser den Kater der Katzenhalterin angegriffen hatte. Beim Versuch, die Tiere zu trennen, stürzte die Katzenhalterin.

Die Parteien sind Nachbarn. Sie räumten im Januar 2017 gleichzeitig Schnee von ihren Grundstücken. Unter dem Neuschnee hatte sich auf dem klägerischen Grundstück eine vereiste Fläche gebildet. Der Hütehund des Hundeshalters gelangte während der Räumarbeiten auf das Grundstück der Katzenhalterin. Ob die Katzenhalterin nachfolgend stürzte, da der Hund des Hundeshalters den Kater der Nachbarin angegriffen hatte, ist zwischen den Parteien streitig.  Das erstinstanzlich hiermit befasste Landgericht Gießen hatte nach Beweisaufnahme die auf Schmerzensgeld und Feststellung der Einstandspflicht für weitere Schäden gerichtete Klage abgewiesen1. Auf die hiergegen gerichtete Berufung der Katzenhalterin stellte das Oberlandesgericht Frankfurt dagegen fest, dass der Katzenhalterin dem Grunde nach ein Anspruch auf Schmerzensgeld und Schadensersatz zustehe.

Der Hundehalter hafte nach den Grundsätzen der sog. Tiergefahr, begründete das OLG seine Entscheidung. Nach der Beweisaufnahme sei davon auszugehen, dass die Katzenhalterin gestürzt sei, da sich der Hund auf ihren Kater gestürzt und diesen am Kopf gepackt habe. Die Katzenhalterin habe die Tiere mit ihrem Besen trennen wollen. Sowohl die Angaben der Katzenhalterin als auch die des Hundeshalters deckten diesen Geschehensablauf. Der Hundehalter hatte im Rahmen seiner Anhörung klargestellt, dass er lediglich gesehen habe, „dass sein Hund Schläge bezogen habe“. Die Sicht auf das weitere Geschehen sei dagegen verdeckt gewesen. Es spreche nichts dafür, dass die Katzenhalterin den Hund „ohne jeden Grund geschlagen haben sollte“. Die Katzenhalterin habe den Hund vielmehr schon lange gekannt und in der Vergangenheit regelmäßig mit ihm gespielt. Das vom Hundehalter berichtete Schlagen lasse sich „ohne Weiteres in Übereinstimmung bringen mit der Schilderung der Katzenhalterin, sie habe versucht, mit dem Besen die Tiere zu trennen“. Die Angaben der Katzenhalterin seien auch von den Zeuginnen bestätigt worden. Aus der ärztlichen Stellungnahme ergebe sich zweifelsfrei, dass die Katzenhalterin in der fraglichen Zeit Verletzungen am Hand- und Kniegelenk erlitten habe.

Als Halter des Hundes habe der Hundehalter damit für die erlittenen Schäden einzustehen. Die verschuldensunabhängige Haftung des Tierhalters bestehe bereits, wenn eine Verletzung „adäquat kausal auf ein Tierverhalten zurückzuführen ist“. Es komme nicht auf eine unmittelbar durch das Tier bewirkte Verletzung an. Ausreichend sei, „wenn sich ein Mensch durch die von dem Tier herbeigeführte Gefahr zu helfendem Eingreifen veranlasst sieht“, betont das OLG. So liege es hier. Die Katzenhalterin habe sich durch den Angriff des Hundes dazu veranlasst gesehen, dem Kater zur Hilfe zu eilen. Auch wenn es angesichts der winterlichen Verhältnisse aus objektiver Sicht unklug gewesen sei, sich schnell auf die Tiere zuzubewegen, sei es doch eine völlig naheliegende Reaktion gewesen.

Der Höhe nach ist über die erlittenen Verletzungen noch Beweis zu erheben, so dass das OLG zunächst nur die Haftung dem Grunde nach festgestellt hat.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main – Teil – und, Grundurteil vom 18. Januar 2023 – 4 U 249/21

  1. LG Gießen, Urteil vom 26.8.2021 – 2 O 623/20 []